Schmetterling in Blüte Augen zu und durch
Augen zu und durch

Augen zu und durch

Krebs-Logbuch: 20.07.202


Augen zu und durch! Heute ist der Tag der Stanzbiopsie. Die Sonne brennt vom Himmel und ich stecke mir eine kleine Wasserflasche in die Tasche. Sicher ist sicher für meinen Kreislauf.

Ich bin alleine im Wartezimmer und schaue durch das geöffnete Fenster auf ein breites Dach, das mir den Blick auf den Horizont verwehrt. Obwohl ich ihn nicht sehen kann, weiß ich, dass er da ist. Ob das mit der Hoffnung auch so ist? Zum Glück hält sich die Wartezeit in Grenzen und ich komme rasch dran. Der Eingriff selbst ist unangenehm, aber aushaltbar. Ich habe schon Schlimmeres erlebt. Ich versuche mich in eine andere Welt zu flüchten, als die Anästhesie gesetzt wird.

Keine Ahnung, wie oft eine Nadel in das betroffene Gewebe dringt, dann verlangt die Ärztin nach einem Skalpell, ehe sie zur Stanze greift. Das Geräusch der Stanze, die genau viermal in die Zubildung fährt, klingelt mir unangenehm in den Ohren und ich werde es nie wieder vergessen, wie so vieles. Mit einem Druckverband kommt die Probenentnahme zu ihrem Ende und für mich heißt es jetzt warten. Was das Warten noch für eine Bedeutung bei diesem Behandlungsmarathon bekommt, sollte ich erst noch lernen.


Wunde nach der Stanzbiospie


Krebs-Logbuch: 26.07.2022

Der Tag der Wahrheit

Heute hat er mich ereilt, der Keulenschlag, die Diagnose, das Grauen, die Wahrheit. Die Hoffnung ist dahin und nun heißt es bangen, ob der Scheißkerl gestreut hat. Ich stecke mitten in der Diagnostik und werde meinen Wissensschatz um einige Untersuchungen erweitern. Oh man, es gibt Dinge, die will man nicht einmal hören, geschweige denn durchmachen müssen, doch welche Wahl habe ich? Augen zu und durch!

Wir haben heute 27 jähriges

Es ist heute ein schöner Tag, der Jahrestag mit meinem Mann und das bei blauem Himmel und Sonnenschein. Ich sollte den Sommer genießen dürfen und mich nicht mit Ängsten herumschlagen müssen, die mich fertigmachen.

Es ist bösartig, es ist Brustkrebs, es ist aggressiv und doch meinte meine wenig charmante Ärztin, dass sie es noch schlimmer erwartet hätte.

Noch schlimmer, na ja, schlimmer geht immer, aber mir reicht das völlig. Sie hat mir das volle Programm aufgezählt und dabei nichts ausgelassen. Meine Welt steht kopf, mal wieder. Da meint es jemand richtig gut mit mir. Das liest sich jetzt sicher nach jeder Menge Selbstmitleid, aber ich denke, es ist okay, heute nicht okay zu sein.


Krebs-Logbuch: 29.07.2022

Es ändert sich nichts und doch ändert sich alles. Der Kreis der Menschen, mit denen ich nun über das Unverrückbare spreche, hat sich deutlich erweitert. Auf der einen Seite belasten mich Gespräche über dieses Ding, aber es hilft auch, die Last zu verteilen und zu spüren, wie viel Liebe und Hilfe mir entgegengebracht wird. Dennoch lüge ich immer noch etlichen Menschen ins Gesicht, wenn sie mich fragen, wie es mir geht. Augen zu und durch.

Wie sage ich es meinem Gegenüber?

Zwischen Gurken und Blumenkohl im Supermarkt ist es für mich nicht passend zu erwähnen, das ich an Brustkrebs erkrankt bin und gerade die Bodenhaftung verliere. Und will mein Gegenüber überhaupt etwas anderes hören, als das es mir gut geht? Ich bin total überfordert und möchte das den Menschen um mich herum nicht antun, weshalb es erst mal für mich klargeht. Ich stecke in der Diagnostik und die Tage zwischen den anberaumten Untersuchungen ziehen sich schlimmer als Kaugummi in die Länge. Ungeduld ist im Augenblick mein zweiter Vorname. 


Augen zu und durch - MRT


Im Hamsterrad der Diagnostik:

Es folgte ein MRT, um in den Organen nach Metastasen zu suchen, die zum Glück nicht gefunden wurden. In der Lunge waren drei kleine Punkte, die alles und nichts sein konnten und so wurde vereinbart, die Lunge in drei Monaten erneut zu untersuchen. Also wieder banges Warten bis dahin. Ein Knochenszintigramm brachte zum Glück keinen Hinweis auf Knochenmetastasen. Auch eine Mammographie wurde veranlasst.


Zoladex Implantat Augen zu und durch


Nicht akzeptabel!

Anfang August wurde mir in meiner Heimatstadt ein OP-Termin für Ende Oktober angeboten, was für meinen Onkologen nicht annehmbar war. Nicht bei meiner Art Tumor. So klemmte sich seine Praxis dahinter, mir einen zeitnahen Termin zu besorgen und so durfte ich mich schon eine Woche später im Brustzentrum im Krankenhaus in Bamberg vorstellen.

Es erfolgte ein 2. Tumorboard und der wichtige Oncotype DX Test

Dort wurde eine umfangreiche Diagnostik durchgeführt, inklusive Genetik und Onkcotype DX Brustkrebstest. 

Da die Stanzbiopsie ergeben hat, das mein Tumor sehr hormonempfindlich reagiert, wurde ich mit dem Setzen eines Zoladex Implantates umgehend in die Wechseljahre geschickt und zusätzlich wurde mir die Einnahme von Tamoxifen verordnet. Beides quittierte mein Körper mit entsprechenden Wechseljahresbeschwerden, aber das war leider nicht zu ändern. Immerhin konnten die Ärzte nach der OP sagen, ob mein Tumor nach 5 Wochen Einnahme auf Tamoxifen angesprochen hatte oder eben nicht.


Foto des Zoladex Implantates Augen zu und durch


Krebs-Logbuch: 15.09.2022

Das Ergebnis meines Oncotype DX Breast Recurrence Score Test ist da und nun ist klar, das vor die OP unbedingt eine Chemo geschaltet werden muss. Klar, die Chemotherapie stand die ganze Zeit im Raum, doch nun hat sie sich zu einem unverrückbaren zehntürer Schrank entwickelt, der mir den Weg aus dem Zimmer versperrt.

Ich sitze hier und in meiner Brust galoppiert eine Herde wilder Pferde, die alle gegen mein Herz poltern. Im Kopf formen sich die schlimmsten Gedanken und ich bin es leid, sie in schöne Worte zu packen, umzuformulieren und ihnen damit die Schwere zu nehmen. Warum auch? Sie sind schwer, sie sind belastend und sie sind erdrückend. Ich möchte sie nicht in mir haben, aber sehe momentan keine Chance, sie loszuwerden. Morgen ist ein neuer Tag und vielleicht ist es anders und etwas besser. Darauf hoffe ich.


Der Score des Oncotype Test war am Ende ausschlaggebend für meine Chemotherapie, weil ich ziemlich lange zwischen den Stühlen saß, ob ich von ihr profitieren würde oder eher nicht. Sollte es bei dir in dieser Hinsicht Unklarheiten geben, dann sprich bitte deine Ärzte auf diesen Test an, der von der Krankenkasse bezahlt wird.


Krebs-Logbuch: 16.09.2022

Ein neuer Tag und heute ist es anders und das ist gut. Ich habe mich dazu entschlossen den Kopf hochzunehmen, denn wenn ich es nicht tue, muss ich trotzdem durch diese Hölle. Nichts ändert etwas daran. Die positive Einstellung und der Versuch des Annehmens helfen mir. Sie verrücken winzige Nuancen in mir und das ist gut so. Hier könnt ihr weiterlesen.



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